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Offener Brief an Oberbürgermeister Peter Jung zum Infostand der NPD auf dem Geschwister-Scholl-Platz

18. April 2008

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit großem Befremden hat die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Stadt Wuppertal einen Info-Stand der NPD am 19.04.08 auf dem Geschwister-Scholl-Platz in Barmen genehmigt hat.

Schlimm genug, einer eindeutig verfassungsfeindlichen Partei, über deren Verbot die Innenminister der Länder aktuell diskutieren, öffentlichen Raum zur Verfügung stellen zu müssen.

Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Stadt der NPD, einer Partei mit derartigem rechtsradikalen und menschenverachtenden Gedankengut Platz und damit Raum in unserer Stadt gibt. Und das ausgerechnet auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Dies ist eine Provokation aller aufrechter DemokratInnen. Wir befürchten sogar, dass hierdurch der öffentliche Friede gefährdet ist und glauben daher, dass man die Genehmigung für diesen Stand deshalb auch hätte verweigern können.

Damit wird offiziell zugelassen, dass die NPD das Andenken von Hans und Sophie Scholl im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen tritt. Dieser Partei, die ihre rechtradikale Gesinnung und ihr menschenfeindliches Weltbild nur auf Basis unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaftsordnung verbreiten kann, darf es nicht gestattet sein, die Opfer des Dritten Reiches zu verhöhnen. Die Genehmigung der Stadt Wuppertal, diesen Stand auf dem Geschwister-Scholl-Platz aufzustellen, lässt in erschreckender Art und Weise ein Gespür für die historischen Zusammenhänge und die Verantwortung unserer Generation vermissen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, nicht zuletzt mit Einrichtung des Beirates für die Erinnerungskultur hat sich der Rat der Stadt Wuppertal dazu bekannt, die Geschichte unserer Stadt weiter aufzuarbeiten und u.a. die Bedeutung von Straßennamen zu beleuchten.

Eines ist doch vollkommen klar, mit der Benennung des Platzes vor dem Haus der Jugend, der ehemaligen „Ruhmeshalle“, in Geschwister-Scholl-Platz, hatten die damals verantwortlichen Stadtmütter und „väter mit Sicherheit ein gemeinsames Anliegen: Das Andenken der beiden jungen Widerstandskämpfer, die ihre aufrichtige, mutige und demokratische Haltung mit dem Todesurteil durch das faschistische Unrechtssystem bezahlen mussten, lebendig zu halten, stellvertretend für die unzähligen Opfer der deutschen Nazi-Diktatur. Damit sollte ein Zeichen gesetzt werden, dass es in Deutschland niemals wieder möglich sein wird, faschistische Parteien an die Macht kommen zu lassen.

Und im Jahre 2008 wird diese Verantwortung, dieses Versprechen einer Gedankenlosigkeit Preis gegeben, die wir nicht akzeptieren können.

Wir sind bestürzt.

Gerta Siller
Fraktionssprecherin

Peter Vorsteher
Fraktionssprecher