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Konjunkturpaket II

31. März 2009

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir sprechen nicht über alle Maßnahmen des Konjunkturpaketes II. Insofern sprechen wir nicht darüber, dass die Mittel nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.

Wuppertal ist und bleibt überschuldet, die städtische Insolvenz droht, wenn wir auch heute in der glücklichen Lage sind, 42 Mio. Euro plus einem städtischen Anteil aus der Gebäudesanierung verteilen zu dürfen. So macht Politik Spaß. Es ändert aber nichts daran, dass wir die Bundes- und Landesregierung zur nachhaltigen Entschuldung Wuppertals und anderer Kommunen bräuchten “ eine Hilfe, auf die wir seit Jahren vergeblich warten und auch warten werden, bis uns nach der Kommunalwahl ein Haushaltssicherungskonzept in gleicher Höhe wie der des Konjunkturprogramms vorgeschlagen wird, das einschneidende Kürzungen in unseren freiwilligen und pflichtigen Aufgaben vorsieht. Auf den Bund und das Land im Zusammenhang einer nachhaltigen Gemeindefinanzreform zu warten, gleicht aber dem Warten auf Godot “ er oder es wird schon kommen, irgendwann.

Wir nehmen uns heute nur einen Teil des Konjunkturpaketes vor und versuchen, dieses für Wuppertal auf den Weg zu bringen, wenn auch noch nicht alle rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt sind.

Wir versuchen uns heute in dem Teil des Konjunkturpaketes, den GRÜNE seit Gründung der Partei fast schon stereotyp vortragen. Unsere Gleichung heißt: energetische Gebäudesanierung schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern spart auch öffentliches Geld nachhaltig und hilft, die gesteckten CO2-Ziele ansatzweise einzuhalten, wenn nicht neue Kohlekraftwerke gebaut würden.

Allein, die städtische Vorlage zur Umsetzung dieser Maßnahmenziele ist mangelhaft. Sie zeugt weder von einer weitsichtigen Bildungsoffensive, noch von einer gesamtstädtischen Verantwortung, in deren Sinn sie hätte geschrieben werden müssen. Sie ist vielmehr Ausdruck von einem eingeschränkten Bildungsbegriff, den wir überwunden hofften. Und sie ist Ausdruck einer egozentrischen Selbstwahrnehmung der Verwaltungsspitze und der sie tragenden Ratsmehrheit, die schon im Vorfeld der heutigen Sitzung angekündigt hat, als Gestaltungsmehrheit keine Veränderungen an der Vorlage vornehmen zu wollen.

Dass die Drucksache an einem mangelhaften Bildungsbegriff zu identifizieren ist, zeigt die Tatsache, dass die Maßnahmen, die mithilfe des Konjunkturpaketes in Wuppertal unter dem Stichwort Bildung nahezu ausschließlich auf Schulen gemünzt sind. Die Maßnahmen, die der Sozialdezernent im Bereich der frühkindlichen und Elementarbildung in die Diskussion gebracht hat, sind alle nicht vorhanden. Nur ein Kindergarten soll gebaut werden, in Oberbarmen und in städtischer Trägerschaft, obwohl hier bereits zwei private Träger Angebote zur zusätzlichen Betreuung von Kindern bei der Stadt abgegeben haben. Es zeigt sich, wer das Sagen in der Verwaltung und in der Politik hat.

Und das ist der Knaxus Knusus der Drucksache: Insgesamt will die Stadt nur Maßnahmen unter dem eigenen Dach fördern, meint, dass energetische Gebäudesanierung nur in den eigenen “ vor allem – Schulgebäuden Sinn ergibt, rechtfertigt das mit der zweifelsohne richtigen Entlastung des städtischen Haushaltes und übersieht, dass all diese Argumente auch für Freie Träger z.B. von Ersatzschulen gelten.

Dabei hält sie sich noch nicht einmal an die immerhin minimal vorliegenden Rahmenempfehlungen und Richtlinien. So schreibt das Land NRW in einem Frage- und Antwortkatalog:

„Frage: Wie hoch ist der Anteil der ortsansässigen Ersatzschule an der Zuweisung für Infrastruktur? Sind diese Mittel an die Ersatzschulen weiterzuleiten?

Antwort: Über Art und Umfang der Beteiligung der Ersatzschulen an den Mitteln des ZuInvG hat die jeweilige Belegenheitsgemeinde (kreisangehörige Gemeinde oder kreisfreie Stadt) zu entscheiden. Aus dem InvföG NRW/E und insbesondere aus der Verteilungsregelung in ß 4 InvföG NRW/E ergibt sich kein bestimmter Anteil der Ersatzschulen. Insbesondere lässt sich dieser Anteil nicht aus der Zahl der Schüler an Ersatzschulen und den darauf entfallenden Anteil der Mittel für den Schwerpunkt Bildung bestimmen, denn das Kriterium „Schülerzahl“ dient in Anlehnung an die Schulpauschale/Bildungspauschale lediglich als einfacher Verteilungsmaßstab für die Mittel im Investitionsschwerpunkt Bildungsinfrastruktur. Aber: Die Mittel sind grundsätzlich trägerneutral zu verausgaben. Die Grenze wird durch das Willkürverbot gezogen.“

Zwar bietet die Zahl der Schüler an Ersatzschulen anders als bei der Verteilung der Mittel aus der Bildungspauschale nicht den Verteilungsmaßstab auch zur Verwendung der Mittel aus dem Konjunkturpaket, aber immerhin einen ersten Hinweis. Weitaus wesentlicher scheint aber mir der Hinweis zu sein, die Mittel ¥trägerneutral¥ zu verteilen sind, also Ersatzschulmaßnahmen zu prüfen und mit einzubeziehen sind. Das allein ist in Wuppertal nicht geschehen,. Dass ist Willkür und nicht Trägerneutralität.

Insofern stimme ich den Ausführungen von Herrn Superintendent Rekowski und Herrn Stadtdechant Kurth vollends zu, die in einem offenen Brief an die Ratsfraktionen geschrieben haben:

„Wir können nicht verhehlen, dass angesichts des anerkannten und seit vielen Jahrzehnten in unserem Land und auch in unserer Stadt Wuppertal erfolgreich praktizierten Subsidiaritätsmodells eine solche Vorgehensweise als Benachteiligung freier Träger verstanden werden muss. Die Kirchen und die freien Träger nehmen insbesondere im Bildungsbereich Aufgaben wahr, die der Zukunftsfähigkeit der Stadt dienen.

Wir haben volles Verständnis für die Notwendigkeit, den Haushalt der Stadt für die Zukunft zu entlasten. Das darf jedoch nicht zu Lasten der Trägervielfalt in den zu fördernden Bereichen geschehen. Was der Stadt das umfangreiche Engagement der freien Träger in Wuppertal tatsächlich wert ist, zeigt sich unserer Meinung nach in einer gerechten Verwendung der zusätzlichen öffentlichen Mittel, die den Kommunen durch das Konjunkturprogramm zur Verfügung gestellt werden, gerade in Zeiten knapper Kassen.“

Wie kann eine Rathausspitze, wie kann eine politische Mehrheit so offensichtlich und zugleich so ohne Not gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, das immerhin Verfassungsrang hat? Wie eingeschränkt muss der Blick sein, wenn man bei der Verteilung der Mittel nur die Stadt im eigenen Sprengel als Trägervertreter in den Blick nimmt und nicht die Stadt als Ganzes? Und warum schlägt man das Engagement der vielen Freien Träger fern jedes Begründungszusammenhanges so einfach in den Wind?

Ein Brief eines Schülers, den ich namentlich nicht zitiere, bringt es auf den Punkt:

„Ich bin seit eineinhalb Jahren mit Spaß Schüler der …Schule. Ich lege manchmal Extraschichten ein, um für verschiedene Veranstaltungen die Technik zu machen und werde noch viele Jahre an meiner Schule verbringen. Mit dem Geld des Konjunkturpaketes würden wir eine Mensa bekommen, ein größeren Haupteingang und vor allen dichte Fenster. Eine Klassenkameradin sagte einmal:,Die Fenster lassen im geschlossenen Zustand jedes Kleintier durch.““ Das stimmt. (…)
Schule ist zwar doof, aber überlebenswichtig und kein Schrottplatz.“

Weil aber das Gesamtpaket nicht aufgehalten werden darf “ Herr Köster, nichts anderes beantragen Sie unter dem Begriff der Bildungsoffensive, das wäre ein Skandal “ haben wir Ihnen mit unserem ƒnderungsantrag eine goldene Brücke gebaut. Goldener gehtís nimmer.

Alle Schulen, die auf der zu beschließenden Liste stehen, sind dringend sanierungsbedürftig. Der Sanierungsstau aus den vergangenen Jahren ist übermächtig groß. Ihn nicht anzupacken und den Beschluss weiter zu vertagen und damit womöglich das Gesamtpaket in Frage zu stellen, das wäre grundfalsch.

Wer aber die Liste kennt “ und ich beziehe mich nicht nur auf das Gebäude der Zulassungsstelle, eine Leistung, die demnächst online abgearbeitet werden wird “ Wer also die Liste kennt, weiß, welche Maßnahmen entscheidungsreif sind und welche als Platzhalten fungieren und im Laufe des Verfahrens sicher heraus fallen werden. Viele Maßnahmen auf der Liste konnten noch nicht einmal genau beziffert werden – wie sollen sie dann in diesem Jahr umgesetzt werden und übrigens von wem in der Verwaltung?

Wir beantragen also, dass alternativ zu den nicht umzusetzenden Maßnahmen ausschließlich geprüfte und als förderfähig einzustufende Maßnahmen Freier Träger nachgereicht werden können. Den Beschluss fällt dann der Finanzausschuss.

Ich bin mir sicher, dass wir auf diese Weise alle Maßnahmen auch der Freien Träger abarbeiten können, die bisher nicht auf der Liste stehen. Denn bei so vielfältigen und umfangreichen Maßnahmenlisten, wie den von der Stadt heute zur Beschlussfassung vorgelegten, sind immer Projekte dabei, die im Laufe des Verfahrens abhanden kommen. Diese freien Mittel werden wir im Sinne einer trägerneutralen Verteilung der Mittel und dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend nun ausschließlich an Freie Träger weiterleiten.

Ich bitte Sie, diesem ƒnderungsantrag zuzustimmen, wie es der Oberbürgermeistere eingangs bereits formuliert hat, dessen einzige Schwäche ist, dass er von uns GRÜNEN gestellt wurde.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.