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Die Seilbahn und ihre Alternativen

16. Dezember 2016

Artikel des Bonner Landtagsabgeordneten Rolf Beu, Sprecher für ÖPNV- und Bahnpolitik der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW

Heute (14.12.16) beschließt der Landtag in Düsseldorf das neue ÖPNV-Gesetz für Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW). In diesem ist klar geregelt, dass neben allen Arten von Bussen und Schienenverkehrsmitteln auch Seilbahnen und Fähren/Linienschiffe Bestandteile des ÖPNV sind, sofern auf ihnen die Fahrkarten der Verkehrsverbünde voll umfänglich Gültigkeit besitzen und sie keine vorrangig touristische Bedeutung haben. Dies gilt in Nordrhein-Westfalen bei Seilbahnen aktuell für drei bekannte Projekte, wobei die in Wuppertal und Bonn die bekanntesten sind.

Seilbahnen sind als öffentliches Verkehrsmittel grundsätzlich geeignet. Dies dürfte eigentlich unstrittig sein. In verschiedenen Städten haben sich Seilbahnen im ÖPNV bereits erfolgreich bewährt. Dass sie dabei – entgegen den Behauptungen der Gegner – ein vergleichsweise kostengünstiges ÖPNV-Angebot darstellen, belegt schon die Auflistung der Städte und Länder, in denen sie verkehren. Diese sind allgemein nicht als besonders wohlhabend bekannt.

Dass Seilbahnen nun auch in Wuppertal und Bonn von den dortigen Stadtverwaltungen ebenfalls ernsthaft in Erwägung gezogen werden, ist in der Topographie begründet. Die meisten Fahrgäste kommen in beiden Städten aus der jeweiligen zentralen Tallage, während sich die Ziele auf den umliegenden Höhen befinden. In Wuppertal ist dies vorrangig die Bergische Universität und in Bonn das Uni-Klinikum auf dem Venusberg. Beiden Städten ist gemein, dass das jeweilige Straßennetz zumindest zur Hauptverkehrszeit ausgelastet ist, keinen weiteren Zuwachs verkraftet und die Busse des kommunalen Linienverkehrs im Stau stehen und auch über ihre geographisch bedingten langen Wegestrecken unattraktiv lange Fahrtzeiten ausweisen.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es sowohl in Wuppertal, wie auch in Bonn Gegner auch dieser Projekte des öffentlichen Personennahverkehrs. In Aachen, Bielefeld und Oberhausen gelang es Initiativen bereits, zum Schaden der Verkehrsentwicklung der dortigen Städte, Straßenbahn-Neubaustrecken zu verhindern.

Als Kritik werden von den Gegnern der beiden Seilbahn-Projekte ökonomische und ökologische Kriterien angeführt. Es wird dabei geflissentlich übersehen, dass diese Kriterien im Genehmigungsverfahren zwingend einer Prüfung unterzogen werden. Nur Projekte die einen positiven Kosten-Nutzen-Faktor haben, können vom Land Nordrhein-Westfalen überhaupt gefördert werden.

Dies bedeutet, dass der volkswirtschaftliche Nutzen, die Kosten übersteigen muss. Deshalb ist allen Argumenten angeblicher Steuergeld-Verschwendung von Anfang an der Boden entzogen. Die in Aachen, Bielefeld und Oberhausen von den Gegnern vorgetragenen Argumente, dass die Städte so arm sind, dass sie Stadtteil-Bibliotheken schließen und keine 40.000 Euro für ein Sozialprojekt hätten, sind vor diesen rechtlichen Rahmenbedingungen im höchsten Maße unredlich und rein populistisch.

In den erwähnten Städten ging es den Straßenbahn-Gegnern hauptsächlich darum, dass sie die Parkplätze in ‚ihren‘ Straßen nicht verlieren wollten, lange Bauzeiten und Geräuschbelästigungen befürchteten und es ‚denen da oben‘ mal zeigen wollten. Aus ehrlichen, persönlichen Gesprächen ist bekannt, dass die Gegner der Seilbahn-Projekte Verkehrsprobleme an den Stationen befürchten, vor allem aber Ängste haben, dass Seilbahnen bis nach Mitternacht an ihren Häusern vorbei rauschen und deren Fahrgäste auf ihre Grundstücke und in ihre Wohnungen schauen können und dadurch auch ein Wertverlust einhergeht.

Diese Argumente müssen von den Städten ernstgenommen und beispielsweise bei der Trassen-Entscheidung Berücksichtigung finden.

Genauso wie man von der Kommune ein sachgerechtes und rechtsstaatliches Verfahren erwarten muss, kann von den Gegnern aber auch erwartet werden, dass sie taugliche Alternativen benennen.

Die bisher hörbaren Vorschläge der Seilbahn-Gegner, z. B. E-Busse sind dies keinesfalls. Sie sind keine ernsthafte Alternative zu einer neuen, kurzen, weitgehend geradlinigen und vom sonstigen Verkehr unabhängigen ÖPNV-Trasse. Die E-Busse ständen ohne Straßenausbau im selben Stau wie die Dieselbusse. Verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang auch nicht, dass ein einziger zusätzlicher Bus rund eine Viertelmillion Euro jährlich an Kosten erzeugt, die von den Stadtwerken und damit von der Stadt komplett Jahr für Jahr zu tragen wären.

Entscheidend ist das Gemeinwohl. Dies tritt aber in einer individualisierten Gesellschaft leider immer mehr in den Hintergrund.