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Aufstellungsbeschluss zum Bau von Landeseinrichtungen auf Scharpenacken

13. Juni 2007

„- es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

wer bauen möchte, der stellt einen Bauantrag.

Wer die städtebaulichen Entwicklung auf einer größeren Fläche steuern möchte, der leitet ein Bauleitplanverfahren ein.

Zumindest können Kommunen zur Steuerung größerer Planvorhaben ein B-Planverfahren einleiten.

Wir Grünen sind nicht davon überzeugt “ und Sie konnten uns in den vorausgegangenen Ausschusssitzungen auch nicht davon überzeugen -, dass der Rat der Stadt Wuppertal bzw. die Stadtverwaltung in Sachen Erbschlö rund um den Bau einer neuen und dringend notwendigen Jugend-Justizvollzugsanstalt in Einheit mit der Justizvollzugsschule und dem Neubau der Kaserne für die Bereitschaftspolizei “ alles samt Einrichtungen des Landes NRW – Herr des Verfahrens ist, also das Verfahren, das heute eingeleitet wird, tatsächlich steuert.

Unser Misstrauen begründet sich unter anderem darin, dass die Drucksache, über die zu entscheiden ist, nämlich der Aufstellungsbeschluss, im Wesentlichen den Erkenntnisstand aus März 2007 widerspiegelt, so wie er bereits am 17. März in der WZ veröffentlicht wurde. Wir haben aber heute schon den 11. Juni.

Ist denn in der Zwischenzeit gar nichts konkretisiert worden?

Nach Ihrem eigenen Bekunden in den Ausschusssitzungen liegen Ihnen selbst darüber hinausgehende Informationen bisher nicht vor.

Ich verkneife mir die Frage, wer wen an dieser Stelle steuert?

Und dennoch betreiben Sie mit Nachdruck dieses Bauleitplanverfahren und können trotzdem nicht erklären, warum Sie überhaupt eine Fläche von mehr als 40 ha. benötigen für Einrichtungen, die unserer Schätzung nach auf zwanzig Hektar Platz finden.

Aber neben diesen Ungenauigkeiten sprechen aus unserer Sicht im Wesentlichen drei Argumente gegen eine Bebauung der Flächen auf Scharpenacken “ nicht auf der Fläche der ehemaligen Wehrbereichsverwaltung selbst und nicht in deren Verlängerung auf der Fläche des anliegenden Sportplatzes:

1. Es sprechen ökologische Gründe gegen die Bebauung eines wesentlichen Teils der auszuweisenden Fläche, die von der Bundeswehr selbst über viele Jahre als Biotop mit größter Sorgfalt und mit großem Erfolg gepflegt wurde. Hier finden Sie individuell geschützte Tiere, zu deren Schutz jüngst die Planung einer Autobahn in Hessen verändert werden musste.

2. Es sprechen Gründe der städtebaulichen Gestaltung und des Orts- und Landschaftsbildes gegen die Bebauung eines wesentlichen Teils der auszuweisenden Fläche. Viele unter Ihnen hatten sich in 2004 mit aller Vehemenz gegen eine Bebauung des Kastenberges mit einer Windkraftanlage ausgesprochen. Nun sollen diese Argumente unwichtig sein, obwohl eine vielfach größere Bebauung die dortigen Blickbeziehungen dominieren wird?

3. Und es sprechen moralische Gründe eine ganz erhebliche Rolle. An der noch vorhandenen Stützmauer des Langwaffenschießstandes sind in den letzten Kriegstagen und „wochen 1945 viele Deserteure erschossen worden, die einem mörderischen Krieg eines verbrecherischen Regimes den Rücken gekehrt hatten. Wenn wir heute über Erinnerungskultur sprechen, dann müssen wir uns allein deshalb besonders behutsam dieser Fläche nähern und dürfen sie nicht gedankenlos überplanen.

Meine Damen und Herren,

im Baugesetzbuch heißt es wörtlich:

„Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.“

Dabei sollen die Bauleitpläne eine „nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.“ (vgl. § 1 Abs. 3 und 5 BauGB)

Braucht es noch einen Aufstellungsbeschluss über die Flächen auf Scharpenacken, wenn im Vorhinein diese drei, eben zitierten Gründe schon bekannt sind und die sich alle samt ganz eng an dem Baugesetzbuch orientieren?

Wir meinen: NEIN.

Und wenn JA, dann doch nur um ein geregelten Rückzug aus dem gesamten Verfahren einzuleiten. Dieser Rückzug wäre aber doch gegenüber der Landesregierung zu peinlich.

Deshalb werden wir heute gegen den Aufstellungsbeschluss stimmen, den Sie zu marginalisieren versuchen mit dem Hinweis, es sei doch „nur“ ein Aufstellungsbeschluss und damit der geregelte Einstieg in ein Verfahren.

Wir betonen aber, dass wir für eine Ansiedlung aller drei in Frage stehenden Einrichtungen auf Lichtscheid, im Bereich der ehemaligen Wehrbereichsverwaltung oder auf dem Gelände Blombach-Süd “ auf jeden Fall aber in Wuppertal “ votieren und den weiteren Vorgang kritisch begleiten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

erlauben Sie mir noch einen letzten Hinweis:

Wir hatten zum Verfahren einen Antrag eingebracht, alternative Standorte zu prüfen. Konkret hatten wir vorgetragen, die ehemalige Wehrbereichsverwaltung, den Sportplatz und eine kleine anliegende Fläche zu überplanen, den Schießstand und den Kastenberg unberücksichtigt zu lassen und dafür alternativ den bereits als Gewerbefläche ausgewiesenen Standort Blombach-Süd heranzuziehen. Andere, weitere Alternativstandorte sind denkbar.

Sie haben in den voran gegangenen Ausschusssitzungen unseren Antrag bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht, indem sie die „Einheit des Bauvorhabens“ “ richtig müsste es heißen: die Einheit der drei Bauvorhaben “ hinein formulierten, ohne erläutern zu können, was sie bzw. die Ministeriellen der Landesregierung unter Einheit des Bauvorhabens verstehen.

Wahrscheinlich geht es hier um die berühmten Synergieeffekte. Die JVA bekocht im Rahmen der Wiedereingliederung und Berufsausbildung der dort einsitzenden Jugendlichen “ sind es jetzt eigentlich 500 oder 250 Inhaftierte? “ also bekocht die Polizisten der Bereitschaftspolizei und die Auszubildenden der Justizvollzugsschule.

Wenn wir in einer Einheit denken: Weder die Polizisten noch die Auszubildenden werden in der JVA selbst essen gehen. Deshalb muss das Essen in Wärmebehältern nach draußen transportiert werden.

Der Weg zwischen den drei Einrichtungen auf einer Fläche wäre von der Strecke her für ein Auto mit Wärmebehältern weiter entfernt, als der nach Blombach-Süd. Wäre deshalb der Verzicht auf einer zusammenhängende Fläche zugunsten einer Überplanung von Blombach-Süd tatsächlich ein Verzicht auf die Einheit der drei Bauvorhaben, also auf die Synergieeffekte, die zu erzielen zu sein scheinen?

Auch hier meinen wir: NEIN. Die Einheit der drei Bauvorhaben bliebe erhalten.

Sie scheinen aber etwas anderes unter Einheit zu verstehen, nämlich eine in sich geschlossene Fläche, wie im Aufstellungsbeschluss bezeichnet. Sonst hätten Sie nicht immer wieder argumentiert, dass außer auf Scharpenacken nirgends in Wuppertal eine derart große, zusammenhängende Fläche zu finden sei, als ebenen die auf Scharpenacken.

Da Sie deshalb unseren Antrag derart aufgeweicht haben, ziehen wir unseren Antrag zurück.
Die Stadtverwaltung muss im Rahmen des Verfahrens ohnehin ergebnisoffen alternative Standorte prüfen und besser geeignete vorziehen. Wir meinen, dass Blombach-Süd besser geeignet ist als der Schießstand und der Kastenberg.

Wir ziehen also die Drucksache VO/0406/07 „JVA-Planungen in Wuppertal “ alternative Standorte prüfen“ zurück und werden ihn zur gegebenen Zeit wieder einbringen.

Deshalb bleibt aber unser Vorschlag im Raum, aber kein Antrag mit dem Namen der Grünen, der alles offen lässt und doch begrenzen soll.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“